Wir alle wollen kraftvoll singen – kraftvoll singen, ohne zu grölen, wohlgemerkt.
Denn dabei können wir so einiges falsch machen, was dazu führen kann, dass unsere Stimme auf lange Sicht Schaden nimmt.
Meine Erfahrung mit dem Grölen
Jahrelang habe ich nur in Bruststimme gesungen. Meine Kopfstimme war so verkümmert, dass ich sie natürlich nicht bei Liedern einsetzen wollte. Und wenn ich dann höher singen wollte, tja, da hab ich dann gegrölt.
Ich klang jetzt nicht unbedingt wie der berühmte Ole-Ole-Ole-Fußballfan, aber meine Stimme war viel zu laut, polternd, trampelig und so ziemlich am Limit des Noch-gut-Klingens. Das Gefühl, der Soul, hat einfach gefehlt. Ich habe meine Bruststimme bis zum Gehtnichtmehr hochgezogen.
Was danach kam war ein extremer Bruch in die hauchige, labberige Kopfstimme. Denn machen wir uns nichts vor: Irgendwann muss die Stimme ja brechen. Und je länger man wartet, desto extremer der Unterschied.
Und das führte wiederum dazu, dass alle Songs, die in oder über meinem Übergangsbereich waren (was bei den Songs von Sängerinnen fast ausschließlich der Fall war), herunter transponiert werden mussten.
War das frustrierend!
Ich nahm natürlich Gesangsunterricht. Aber geändert hat es erst mal wenig.
Obwohl ich von Natur aus eine kraftvolle Stimme hatte, konnte ich diese Kraft nicht in die Höhen bringen, ohne zu grölen.
Und ich weiß, dass es vielen genauso geht.
In diesem Blogartikel verrate ich dir, was ich falsch gemacht habe. Warum es einfach nicht geklappt hat, hoch und kraftvoll, aber gesund, zu singen.
Und genau das sind die Fehler, die auch meine Sänger machten, bevor sie zu mir in den Unterricht kamen.
Wenn du weißt, woran es liegt, dass du nicht kraftvoll und hoch singen kannst, ohne zu grölen, dann weißt du auch, was du tun kannst, damit es klappt.
Heute erfährst du:
✧ was eigentlich der Grölmodus ist und wie er entsteht
✧ warum das Grölen bzw. das Hochziehen der Bruststimme ungesund für die Stimme ist
✧ was dabei oft falsch gemacht wird
✧ wie du vom Grölen zum richtigen und gesunden Belten kommst
✧ worauf du achten solltest
Was ist eigentlich der Grölmodus?
Der Grölmodus, so wie ich es nenne, ist das Hochziehen der Bruststimme. Wir nehmen die Kraft der Bruststimme immer weiter in die Höhen, wodurch wir lauter, polternder werden. Wir grölen oder brüllen. Zum Verständnis: Unsere Bruststimme ist das Register für die Kraft und die Tiefen.
Wie entsteht der Grölmodus?
Der Grölmodus entsteht also, wenn wir die Bruststimme hoch ziehen.
Unter den geschlossenen Stimmlippen baut sich der subglottische Druck auf. Wir brauchen den subglottischen Druck. Wenn er aber zu viel wird, dann werden die Stimmlippen mit Gewalt durch die aufgestaute Luft auseinander gedrückt. Und das führt zu einem Überdruck, auch bekannt als Valsalva Manöver.
Das Valsalva Manöver ist erst mal etwas ganz Natürliches und Nützliches. Wir brauchen es, um, um etwas körperlich Anstrengendes zu unternehmen, wie zum Beispiel etwas Schweres hochzuheben oder auch zu gebären. Deshalb setzen wir es fast schon unbewusst und automatisch ein, wenn wir kraftvoll, mit Druck hoch singen möchten: Wir tun ja etwas körperlich Anstrengendes. Aber das ist genau das Problem. Denn dann klingen wir auch, als würden wir gebären oder etwas mit großer Anstrengung unternehmen.
Warum ist das Grölen bzw. Bruststimmehochziehen ungesund?
Dadurch, dass wir uns unbewusst für etwas Anstrengendes wappnen wollen, atmen wir viel zu viel ein. Dieses Zuviel an Luft sammelt sich dann unweigerlich unter den geschlossenen Stimmlippen und drückt sich mit Gewalt durch sie durch. Und das ist das Ungesunde daran.
Hinzu kommt auch noch, dass wir dabei meist am Lautstärke-Limit sind. Zu viel Luft plus Lautstärke-Limit plus weit geöffneten Mund bedeutet zu viel Bruststimme und dann grölst du.
Und das ist auf Dauer stimmschädigend, da es deine Stimme enorm überbeansprucht und ermüdet. Wenn wir das also häufig machen, dann lassen geschwollene Stimmlippen, Heiserkeit, Knötchen, Zysten oder Polypen nicht lange auf sich warten.
Woran es bei mir lag, dass ich gegrölt habe
Ich habe so ziemlich alles falsch gemacht, was ich falsch machen konnte.
Natürlich wollte ich auch mal kraftvoll und hoch singen können, so wie Whitney. Das war aber einfach nicht möglich.
Ich erinnere mich, als Amy Winehouse um die Ecke kam und endlich, endlich Lieder von einer Sängerin nicht mehr herunter transponiert werden mussten.
Was aber habe ich denn nun falsch gemacht?
✧ Ich war grundsätzlich zu laut. Irgendwas in meinem Kopf sagte mir: Dani, wenn du singst, sei LAUT. Das ist mir damals aber gar nicht aufgefallen. Selbst bei soften Balladen habe ich schon zu laut angefangen. Das Problem war, dass ich meinen Mix noch nicht hatte. Natürlich hatte ich dann nur die Wahl zwischen Bruststimme oder überhauchter Kopfstimme. Klar, dass ich mich dann für die Bruststimme entschieden habe, oder? Und wenn ich halt noch höher wollte, musste ich dann drücken, denn wenn ich keinen Druck ausgeübt habe, dann bin ich ja in meine labberige Kopfstimme gewechselt.
✧ Und eben weil ich zu laut war, habe ich zu viel Luft durch die Stimmlippen gedrückt. Das in Kombination mit Lautstärke: NO-GO.
✧ Ich hab den Mund zu weit aufgerissen. Das in Kombination mit lauter werden und die Luft beschleunigen führte dazu, dass ich gegrölt habe.
Ich machte also all die Dinge, die das Valsalva Manöver fördern. Kein Wunder habe ich gegrölt!
Und wie komme ich jetzt vom Grölen ins gesunde Belten oder kraftvolle Singen?
Jetzt weißt du also, was passiert, wenn du grölst. Und jetzt kannst du dementsprechend Schritte unternehmen, um es auszumerzen.
Wenn dir das Grölen bekannt vorkommt, dann beantworte zuerst mal folgende Fragen:
- Bin ich zu laut?
- Hab ich zu viel eingeatmet und sammelt sich deshalb ein Zuviel an Luft unter den geschlossenen Stimmlippen, die raus will?
- Ist mein Mund zu weit aufgerissen?
Und bevor ich dir die Tipps zu den drei Fragen gebe, muss ich einen ganz wichtigen Punkt zuerst klären:
Du musst unbedingt deine Flexibilität in der Stimme trainieren. Daran führt kein Weg vorbei. Willst du eine gesunde Stimme mit kraftvollen Höhen haben, musst du also deine Kopfstimme und das Flageolet trainieren. Kraft kann nicht ohne Flexibilität und umgekehrt.
Und das erreichst du nur, wenn du Kopfstimme und Flageolet für die Flexibililtät und Bruststimme für die Kraft separat trainierst.
Beides muss in Balance sein, um eine gesunde, ausgewogene Stimme zu bekommen. Wenn du nur die Kraft trainierst, dann wirst du nicht gesund belten und erst recht keine gesunde Stimme haben. Denn die kraftvollen hohen Belttöne sind ein Mix aus Brust- und Kopfstimme.
Lies dazu gerne meinen Blogartikel zum Thema Flageolet durch.
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Wenn du weißt, woran es liegt, dann kannst du folgendes dagegen tun:
1. Bin ich zu laut?
Dann reduziere deine Lautstärke nur mal ein kleines bisschen. Wenn du nur ein Tickchen leiser bist, dann kannst du die Kraft schon viel besser in die Höhen nehmen, ohne dir einen abzubrechen. Und das Tolle daran: Dadurch reduzierst du auch schon fast automatisch den Bruststimmanteil (wenn die anderen Punkte auch passen).
2. Hab ich zu viel eingeatmet?
Atme einfach weniger ein, also nicht bis zum Anschlag und stelle dir vor, während du höher und leiser singst, wie du die Luft eher einsaugst, statt sie rauszuhauen. Oder anderes Bild: Stell dir vor, wie du vom Luft-Lautstärke-Pedal runter gehst, statt es durchzudrücken.
3. Ist mein Mund zu weit aufgerissen?
Der offene Mund fördert die Bruststimme. Du singst aber schon in Bruststimme. Wenn du also in Bruststimme singst plus den Mund weit aufreißt, dann hast du doppelt Bruststimme. Das bedeutet, sie wird verstärkt und noch gewaltiger. Bring eine Komponente ins Spiel, die die Kopfstimme bzw. Flexibilität fördert, wie den geschlosseneren Mund. Es ist ungewohnt und klingt erst mal doof, aber schau, dass deine Mundöffnung eher einem U oder geschlossenen O entspricht, als einem A.
Wenn du diese drei Dinge beherzigst, dann wirst du aus dem Grölmodus herauskommen, aber trotzdem kraftvoll singen und belten, aber auf gesunde Art und Weise.
Wenn du jemand bist, der grölt, und wenn du dieses Tipps in diesem Blogartikel beherzigst, dann wirst du sofort merken, dass es in die richtige Richtung geht, dass du aus dem Grölen draußen bist, aber trotzdem kraftvoll singst, auch wenn die Töne noch etwas ungelenk und instabil sind oder du auch immer wieder in die Kopfstimme brichst.
Sei dir bewusst, dass das kraftvolle Singen viel Geduld und Zeit erfordert. Das kontinuierliche Training mit den richtigen Übungen wird dich aber Schritt für Schritt ans Ziel bringen.
Bis demnächst.
Deine,
Dani 💛