Gesangsunterricht – das ist doch Humbug. Denn singen kann man ja nicht lernen.
Selbst in der heutigen Zeit gibt es nicht wenige, die das felsenfest behaupten. Wie diejenigen auf diese Idee kommen, ist mir ein Rätsel. Denn, wie ich das schon ganz, ganz oft geschrieben und erklärt habe: Singen kann jeder lernen, der eine funktionierende Stimme hat. Damit meine ich, der phonieren kann und dessen Stimmlippen gesund sind.
Ich wiederhole mich sehr gerne noch mal: Unser Kehlkopf ist unsere Voice Box. In und um ihn herum befinden sich Muskeln, darunter z. B. auch die Stimmlippen. Und diese Muskeln können gezielt trainiert werden, dass sie sich verkürzen, verdicken, dehnen, dass sie sich zusammenziehen und andere Prozesse im Kehlkopf hervorrufen, damit wiederum andere Prozesse in Bewegung gesetzt werden. Dadurch entstehen hohe und tiefe, kräftige und hauchige Töne. Wie diese Töne dann letztendlich bei unseren Zuhörern ankommen, ist Sache der Resonanzstrategien, also all diesen Strategien, die den Klang beeinflussen.
Wie faszinierend und großartig ist das denn bitte? Ich bin jedes Mal erstaunt, wenn ich mir bewusst mache, was der kleine Kehlkopf mit seinen Knorpeln und Muskeln so alles machen kann.
Also sollte jetzt für den letzten Skeptiker klar sein: Singen ist Muskelarbeit. Trainiere gezielt Muskelpartien mit gezielten Übungen und du erreichst ein bestimmtes Ergebnis. Ergo: Singen kann man lernen!
Auch du!
Gründe für Gesangsunterricht
Menschen entschließen sich aus den unterschiedlichsten Gründen für Gesangsunterricht. Viele, die gerne singen, kommen gar nicht auf die Idee, Gesangsunterricht zu nehmen, denn sie wollen ja gar nicht auf die große Bühne.
Unter den Sängern, die ich unterrichten darf, war die große Bühne nur ganz, ganz selten der Grund und auch Wunsch.
Warum sie sich für Gesangstunden entscheiden ist vielfältig und abhängig vom Typ Gesangschüler.
Und diese unterschiedlichen Typen möchte ich dir jetzt vorstellen.
Die (vermeintlich) Talentfreien
Dir wurde jemals gesagt, dass du im Chor lieber nur mimen sollst, weil du kein Talent hast?
Dir wurde gesagt, dass du einfach nicht singen kannst, und bitte es anderen überlassen solltest?
Dann darfst du dich jetzt freuen! Denn diese Leute, die dir das weisgemacht haben, sind Unwissende – haben schlichtweg keine Ahnung. Auch du kannst singen lernen!
Und das ist einer der Hauptgründe für Gesangsunterricht.
Viele, so viele Menschen kommen in den Gesangsunterricht, weil ihnen an irgendeinem Punkt gesagt wurde, sie können es nicht, klingen total scheiße, sollten es anderen überlassen, hätten einfach kein Talent.
Und diese Gruppe von Sängern hat Gott sei Dank irgendwann man irgendwo gelesen oder gehört, dass man es lernen kann. Und sie wollen es sich selbst beweisen. Sie wollen zeigen, dass sie es können. Dass ihre Liebe zum Singen größer ist, als die Stimmen derer, die sie davon abhalten wollten.
Die Singaffinen
Dann gibt es viele Menschen, die gerne singen und dabei (Gott sei Dank) keine negativen Erfahrungen gesammelt haben.
Sie lieben es einfach zu singen. Singen bei jeder Gelegenheit – unter der Dusche, beim Autofahren, am Lagerfeuer, bei Konzerten. Immer und überall haben sie ein Lied auf den Lippen. Sie singen so gerne, dass sie in einen Chor beitreten oder wie durch Zufall von Kollegen gebeten wurden, auf ihrer Hochzeit zu singen oder mit dem benachbarten Gitarristen ein Duo gründen oder fangen an, in einer Band zu singen.
Und die merken dann einfach, dass ihnen die Puste ausgeht, dass sie nicht so hoch singen können, dass ihnen die Kraft oder auch das Gefühl fehlt. Sie kommen einfach an ihre Grenzen. Dann dauert es nicht mehr lange, bis die Entscheidung für Gesangsunterricht getroffen wird.
Die Erleuchteten
Manche spüren aber gar nicht, dass sie an ihren stimmlichen Grenzen angelangt sind und singen in einer Band, proben wöchentlich, treten sogar auf. Und sind jedes Mal heiser danach. Und plötzlich kommen die hohen Töne gar nicht mehr, selbst beim Sprechen bricht ihnen die Stimme weg. Dann folgt der Gang zum HNO und dort wird festgestellt, dass ihre Stimmlippen geschwollen sind oder sie sogar schon Knötchen haben.
Ihnen wird Logopädie verschrieben und dort lernen sie zum ersten Mal, dass es einen richtigen, gesunden Umgang mit der Stimme gibt. Daraus wächst dann oft der Wunsch, es in Zukunft besser zu machen. Sie informieren sich über Gesangsunterricht, denn deren Ziel ist es, zukünftig Stimmschäden vorzubeugen und einfach eine gute Gesangstechnik zu lernen ohne Halsschmerzen, Kratzen oder Heiserkeit.
Die Selbstoptimierer
Es gibt aber auch noch eine ganz andere Gruppe von Gesangschülern: Nämlich die, die den Gesangsunterricht als Persönlichkeitsentwicklung sehen. Die selbstbewusster werden möchten, indem sie aus ihrer Komfortzone herausgehen und etwas von Grund auf lernen, einfach weil sie gedacht haben: “Mensch, lerne ich einfach mal singen, denn ich hab gehört, dass Singen glücklich und selbstbewusst macht”.
Die Vielsprecher
Auch dürfen wir diejenigen nicht vergessen, die Gesangstunden nehmen, um ihrer Stimme an sich etwas Gutes zu tun. Dabei geht es nicht mal um die Singstimme, sondern eher um die Sprechstimme, selbstbewusster ihre Sprechstimme einsetzen, mit Ausdauer Vorträge halten können, sonorer zu sprechen, nach langen Unterrichtstagen nicht heiser zu werden.
Die (ewigen?) Träumer
Oft höre ich von Gesprächspartnern, wenn sie erfahren, dass ich Stimm-Entfrusterin bin und Menschen helfe, ohne Frust ihre Stimme zu finden und einzusetzen: “Ohhh, ich singe so gerne und würde es echt gerne können, aber bei mir ist Hopfen und Malz verloren.” oder “Gesangsunterricht klingt ja echt interessant, aber ich sing ja nur für mich und möchte nicht auf die Bühne!”.
Und solche Äußerungen machen für mich keinen Sinn. Denn: Wenn ich gerne singe, möchte ich dann nicht lernen, das Bestmögliche aus meiner Stimme herauszuholen? Habe ich dann nicht den Ehrgeiz und die Motivation, es richtig zu lernen? Wieso sollte ich eigentlich nur Gesangsunterricht nehmen wollen, wenn ich auf die Bühne will?
Wenn ich in etwas besser werden möchte, egal in was, dann sollte es doch ganz selbstverständlich sein, dass ich mir einen Coach suche, oder nicht? Wenn ich meine Schulden reduzieren möchte, dann gehe ich zur Schuldnerberatung, wenn ich erfolgreich im Unternehmen sein möchte, dann suche ich mir einen Unternehmensberater, will ich gerne eine Sprache lernen, dann suche ich mir einen Sprachlehrer oder Kurs. Ich könnte diese Aufführung endlos fortsetzen. Warum muss ich immer auf die große Bühne wollen, um in Gesangsunterricht zu investieren?
Da sollte die Liebe zum Singen und die Neugier um die Funktion der Stimme und somit die intrinsische Motivation doch Grund genug sein, um in mich und meine Stimme zu investieren …. Und wenn du nur für dich singst, bist du es dir als dein Zuhörer nicht wert, Gesangstunden zu nehmen, damit du dich noch mehr am Klang deiner Stimme erfreuen kannst?
Fazit
Egal, was deine Motivation ist, ob du dir Singen einfach wahnsinnig viel gibt und du es einfach liebst, ob du in Bands oder Chören singst und deine Grenzen erweitern möchtest, Gesangsunterricht ist eine gute Investition, um
- ausdauernder singen zu können
- zu wachsen
- aus deiner Komfortzone auszubrechen
- dein Selbstbewusstsein zu stärken
- deine Sprechstimme zu entwickeln,
- höher, tiefer, kräftiger, leichter, sanfter, gefühlvoller, vielseitiger singen zu können
- deine Angst und deinen Frust zu besiegen
Welcher Typ bist du? Und nimmst du schon Gesangsunterricht?
Ich freue mich wie immer über deinen Kommentar.
Bis demnächst!
Deine,
Dani 💛